Spitzenkandidaten zur Europawahl liefern sich heiße Debatte in Liezen
Vier Maturantinnen inszenierten einen hochkarätig besetzten Diskussionsabend
Liezen (18.05.2009) - Vier EU-interessierte Maturantinnen der BHAK/BHasch Liezen luden im Rahmen eines Maturaprojektes gemeinsam mit Bernhard Possert zu einem letzten „EU-(k)ein Ungeheuer"-Diskussionsabend - und die steirischen bzw. bundesweiten Spitzenkandidatinnen und -kandidaten zur Europawahl am 7. Juni kamen samt 160 Gästen in den Liezener Kultursaal. Was nach einer Projektvorstellung der Schülerinnen inklusive eines Videoclips zum Europäischen Parlament folgte, war eine heiße Debatte rund um Asylrichtlinie, Neutralität und EU-Informationspolitik, bei dem sich die Vertreter der einzelnen Parteien nichts schenkten.
Nach einer kurzen Vorstellung der Diskutanten durch Bernhard Possert - für die SPÖ war der gebürtige Brucker Jörg Leichtfried, für die ÖVP Langzeit-EU-Parlamentarier und Universitätsprofessor Reinhard Rack vor Ort, für die Grünen stellte sich Eva Lichtenberger, für die FPÖ der steirische Spitzenkandidat Georg Mayer der Diskussion, die Liberalen waren durch Karin Resetarits und das BZÖ durch Ewald Stadler vertreten - ging man gleich in medias res. Resetarits, die als Fraktionslose mit der Liste Hans-Peter Martin ins Europaparlament eingezogen, dann aber bald in das Lager der Liberalen gewechselt war, hatte eine wirtschaftliche Begründung für ihre Entscheidung parat: „Ich habe die Erfahrung gemacht, dass fraktionslose Parlamentsabgeordnete reine Steuergeldverschwendung sind." Kritik übte sie besonders an den Vertretern der beiden Rechtsparteien BZÖ und FPÖ. Stadler machte mit provokanten Wortmeldungen in der Art von „Unsere Abgeordneten sehen in der Europäischen Union einen Anbetungsverein" auf sich aufmerksam. Reinhard Rack, der nach fünfzehn Jahren im Europaparlament bei den kommenden Wahlen nicht mehr antritt, erteilte der Polemik eine Absage und mahnte konstruktive Beiträge ein. Die österreichische Medienlandschaft zeichne im Allgemeinen ein eher negatives Bild von der Europäischen Union und lässt dabei ihre Erfolge oftmals unter den Tisch fallen.
Punkto Neutralität konnte er den Befürchtungen einiger Gäste den Wind aus den Segeln nehmen: „Die Europäische Union war niemals ein Militärbündnis und wird es, schon wegen des fehlenden politischen Konsenses, nie sein." Diesbezüglich pflichtete ihm auch sein steirischer Kollege Jörg Leichtfried von der SPÖ bei. Niemand zwinge unser Land zu militärischen Einsätzen, der Tschad-Einsatz war schließlich Österreichs freie Entscheidung. „Falls es eine Aushöhlung unserer Neutralität geben sollte, so ist diese von Österreich selbst verursacht", gab er zu bedenken.
So unterschiedlicher Meinung sich die Kandidatinnen und Kandidaten bei Sachthemen zeigten, so einhellig war ihr Appell an das Publikum, zur Wahl am 7. Juni zu gehen. Denn, wie es Eva Lichtenberger von den Grünen formulierte, „müssen wir das Bild von‚ die da draußen in Brüssel' endlich hinter uns lassen und uns klar werden, dass wir aktiv an der Europäischen Demokratie mitwirken müssen, um die Weichen für Österreich und Europa zu stellen."
Zwar waren die Protagonisten des Abends die Diskutanten auf dem Podium, doch gebührt vor allem den vier jungen Organisatorinnen großer Respekt. Verena Kanzler, Lisa-Marie Reiter, Claudia Rindler und Katrin Zainer, setzten im Rahmen ihres Maturaprojektes eine professionelle Veranstaltung in Szene, die sich laut Aussage der Teilnehmenden jedenfalls ein „Sehr gut" verdient hätte.
Gernot Walter / "europe direct" Steiermark/ Fachabteilung Europa und Außenbeziehungen