Sieben Staaten am Westbalkan auf dem Weg zur Europäischen Union
Steirische Wirtschaft würde von EU-Vorteilen profitieren
Wien (16. Juni 2011) - EU-Erweiterungskommissar Stefan Füle sieht am Westbalkan eine "wachsende Beitrittsskepsis unter den politischen Eliten" der Region. Dies erklärte er bei einer Diskussionsveranstaltung im Haus der Europäischen Union in Wien. Mit dem bevorstehenden Abschluss der Verhandlungen mit Kroatien werde eine neue Dynamik zu erhöhter Glaubwürdigkeit führen. Das hat für die Steiermark besondere Bedeutung, ist unser Bundesland doch das am schnellsten erreichbare auf dem Weg nach Österreich.
Als in der Vorwoche der Abschluss der Verhandlungen zum EU-Beitritt Kroatiens feststand und bekannt gegeben wurde, betonte Wirtschafts- und Europalandesrat Christian Buchmann wie wichtig diese Annäherung für weite Teile der steirischen Wirtschaft sei. Kroatien ist somit das erste von sieben Ländern, die ja alle eindeutig in Europa liegen, für manche ist der Weg in die EU aber noch weit.
Eines ist aber klar: Für die steirische Wirtschaft eröffnen sich zahlreiche Chancen, und die Präsenz von österreichischen Banken und Versicherungen macht deutlich, dass der Zug in Richtung EU-Kooperation schon unter Dampf steht.
Das Siebengestirn Serbien, Kroatien, Bosnien und Herzegowina, Kosovo, Montenegro, Albanien und Mazedonien ist gewiss kein einfaches, zu sehr sind die Menschen dieser Regionen von Gräueln geprägt. Das kam auch bei der von der Tageszeitung "Die Presse" organisierten Veranstaltung in Wien zu Tage, als etwa Kroaten sich beschwerten, dass "nur" eine Repräsentantin aus Serbien am Podium war – es hätten auch andere Staaten teilnehmen sollen.
Valentin Inzko: "Autobahn von zwei Seiten bauen"
Für verstärkte Bemühungen Bosnien-Herzegowinas trat bei der Diskussion im Haus der Europäischen Union auch der internationale Bosnien-Beauftragte Valentin Inzko ein. "Die Autobahn muss von zwei Seiten gebaut werden, nicht nur von Brüssel nach Bosnien-Herzegowina, sondern auch von dort nach Brüssel", so Inzko. Trotz einiger Lichtblicke, wie die Abwendung des strittigen Referendums über die gesamtstaatliche Justiz, sei der erfolgreiche Prozess der vergangenen 15 Jahre vor drei, vier Jahren gestoppt worden und müsse wieder angekurbelt werden, erklärte Inzko. Mehr als acht Monate nach den Wahlen in Bosnien und Herzegowina gibt es bedauerlicherweise erst Ansätze zu einer Regierung auf gesamtstaatlicher Ebene. Erfreut zeigte sich der Bosnienbeauftragte jedoch über die möglich scheinende Einigung an der Staatsspitze.
Inzko mahnte von allen Beteiligten, insbesondere aber von Milorad Dodik, dem Präsidenten der Republika Srpska, eine höhere Bereitschaft zum Konsens ein: Dodik gehöre zu den mit Genialität ausgestatteten Politikern, denen aber manchmal der Hang im Weg stünde, diese Genialität auch negativ ausleben zu wollen.
Busek fordert klare Worte
Erhard Busek, der frühere Sonderkoordinator des EU-Südosteuropa-Stabilitätspaktes und Ex-Vizekanzler forderte "klare und harte" Worte seitens der Europäischen Union. Bosnien-Herzegowina müsse zunächst entscheiden, ob alle den gemeinsamen Staat wollen, bevor die EU etwas tun könne, so Busek. So sei es im Fall Kosovo nicht fair, dass mehrere EU-Staaten das Land nach wie vor nicht anerkennen, das müsse klar zur Sprache gebracht werden, erklärte Busek. Außerdem forderte er deutlichere Worte im Namensstreit zwischen Mazedonien und Griechenland. Es sei für Außenstehende absolut unverständlich, dass die hellenische Republik für ihr Nachbarland nur die Bezeichnung "Frühere Jugoslawische Republik Mazedonien" oder "FYROM" akzeptiere und damit die Integrität dieses jungen Staates gefährde, so Busek.
Serbien kämpft mit Image-Problemen
Was Kroatien nunmehr nach rund sechsjährigem Verhandlungsmarathon erfolgreich abgeschlossen hat, steht Serbien erst bevor. Alle Diskutanten teilten die Ansicht der Präsidentin des "Belgrade Fund for Political Excellence", Sonja Licht, dass das Land eine Initiative zur Verbesserung des Informationsstandes in den Mitgliedsländern der EU in die Wege leiten müsse. Serbien dürfe nicht länger eines der unbekanntesten Länder Europas in Europa sein, forderte sie zum Handeln auf.
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(APA/FA1E, JB)