Café Europa mit Othmar Karas zum Euro
LR Buchmann: "Gerade in Krisenzeiten bedarf es verstärkter Information"
Graz (2. März 2012) - In diesem "Café Europa" ging es um Milliarden. Kein Wunder, stand doch die zweitstärkste Währung der Welt, unser Euro, im Mittelpunkt der Diskussion, die am Podium vom Vizepräsidenten des Europaparlaments, Othmar Karas, mit Landesrat Christian Buchmann und Franz Nauschnigg von der Nationalbank bestritten wurde.
Landesrat Buchmann stellte zu Beginn klar, dass die Steiermark ohne die Europäische Union bei weitem nicht so gut dastehen würde: Heute zählt unser Bundesland 450.000 Arbeitsplätze, vor dem EU-Beitritt Österreichs waren rund 390.000 – somit beträgt allein der Zuwachs der Zahl der Arbeitsplätze seit Mitte der Neunzigerjahre 60.000! Die Steiermark habe zudem durch zahlreiche Initiativen eine deutliche Verbesserung der Wirtschaftsleistung erzielt. Das habe sich auch bis Brüssel durchgesprochen, und das steirische Erfolgsmodell wurde kürzlich zur "Unternehmerregion 2013" erklärt.
Othmar Karas, Vizepräsident des Europaparlaments, machte klar, das Krisensituationen stets zu Weggabelungen führten: Man müsse sich entscheiden, ob man die "Wahrheit zum Programm" machen oder ob man sich dem Motto verschreibe, dass ohnehin "die anderen die Schuld" haben. Das führe aber stets auf den gefährlichen Weg des Nationalismus, zumindest aber auf einen der Entsolidarisierung und des Egoismus. Europa sei derzeit nicht wirklich mit einer Eurokrise konfrontiert, stellte Karas fest, vielmehr handle es sich "um eine Staatsschuldenkrise, die zu einer Politik- und Vertrauenskrise" geführt habe. Buchmann betonte in diesem Zusammenhang, dass der um sich greifenden Verunsicherung nur durch vermehrte, verstärkte und verbesserte Information zu begegnen sei.
Karas zeigt Auswege auf
Der Euro sei die einzige Währung der Welt, die nicht an ein Staatsgebiet gebunden sei. Das mache einen nächsten Integrationsschritt überfällig, nämlich den der Zusammenführung von Euro und Binnenmarkt. Dem stünde derzeit "der mangelnde politische Wille entgegen, das Richtige zum rechten Zeitpunkt zu tun", rügte Karas. Es gebe aber Lichtblicke, wie die Regierung von Mario Monti in Rom, die die Staatskrise mit großem Elan und der nötigen Weitsicht bekämpfe. Es müsse aber sehr bald gelingen, die zahlreichen Nationalismen in Europa zu unterdrücken – diese seien eine Gefahr für wirtschaftliche Prosperität und friedliche Koexistenz.
Franz Nauschnigg, Abteilungs-Chef in der Österreichischen Nationalbank, machte einmal mehr deutlich, dass krisenhafte Erscheinungen wie wir sie jetzt registrieren, nichts Ungewöhnliches seien: Laut Internationalem Währungsfonds gab es zwischen 1970 und 2007 exakt 208 Währungskrisen, 124 Bankenkrisen und 63 Staatsschuldenkrisen.
Und wenn man von Krise rede, dann müsse man unterscheiden, um welche Art von Krise es sich handle, erläuterte Nauschnigg: Handelt es sich, wie es in Island der Fall war, um eine Bankenkrise mit ihren fatalen Auswirkungen auf einen an sich gesunden Staatshaushalt, oder – wie derzeit in Griechenland – um eine Staatsschuldenkrise mit dramatischen Auswirkungen auf den Bankensektor, der in Griechenland nicht so schlecht dastünde.
Nauschnigg machte auch deutlich, dass ein "zu spät und ein zu kleinmütig" (too late and too little) schlimme Auswirkungen zeitige. Wenn es um die Bekämpfung solcher Krisen gehe, dann sei "eine Milliarde die kleinste Einheit von der wir reden!"
Die Podiumsdiskussion wurde von Karin Rysavy vom Finanzministerium charmant und fachkundig moderiert. Heidi Zikulnig, Leiterin des Europedirect Netzwerkes Steiermark, begrüßte die Gäste und bedankte sich bei den Mitveranstaltern – dem Europaforum 2020 und dem Medienzentrumdes Landes, das für Infrastruktur und einen reibungslosen Ablauf der Internetübertragung sorgte.
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Josef Bauer