SchülerInnen-"Beschwerde" an die EU:
Was ist das eigentlich, Europa?
6c des Bischöflichen Gymnasiums besuchte EU-Info-Center
Graz (30. März 2011) - Da geht man mit seinem Lehrer in die Europaabteilung des Landes in Erwartung eines Vortrages über Europa und dann ist die erste Frage des Vortragenden, ob denn jemand eine Definition habe für - "Europa"? Und die Frage stellte Mag. Stefan Börger, der Europajurist des Landes, allen Ernstes. Damit wies er auf zahlreiche geografische Abgrenzungsversuche hin, aber auch darauf, dass es bis heute keine rechtlich relevante Definition für den Begriff "Europa" gäbe.
Mit Verweis auf Zypern machte er augenscheinlich, was er meinte: Diese Insel im Süden der vorderasiatischen Türkei und westlich von Syrien gelegen zählt aufgrund ihrer historisch kulturellen Entwicklung zu Europa. Geografisch aber müsste man sie wohl zu Vorderasien rechnen. Kleines Land, große Frage. Und wo im riesigen Osten ein Grenzverlauf zu ziehen ist, weiß derzeit - naja, allenfalls die UEFA, aber das sei nicht wirklich relevant.
"Eigentlich sollte man sich bei der EU beschweren", meinten einige der Schülerinnen und Schüler der 6.c-Klasse des Bischöflichen Gymnasiums aus Graz schmunzelnd, die mit ihrem Lehrer Professor Günther Leitner in die Europaabteilung gekommen waren. "Geht das, sich beschweren?" Stefan Börger war da um eine Antwort genauso wenig verlegen wie bei anderen blitzgescheiten Fragen dieser Klasse: "Für ernsthafte Beschwerden gibt es ein Formular auf der Homepage der Kommission", erläuterte er.
Gemeinsam mit Dr. Heidi Zikulnig, der Leiterin des EuropeDirect-Netzwerkes Steiermark, machte er Unterschiede zwischen Europarat, Europäischem Rat und Rat deutlich, zeigte die Hauptaufgaben der EU-Kommission auf und verwies auf das Faktum, dass das Europa-Parlament durch die Wahlen die direkte demokratische Legitimation haben. Dass ein Parlament kein Gesetz beschließen könne, ist auf den ersten Blick schwer verständlich. Mit Zikulnigs und Börgers Hilfe ging es dann doch, und die 16jährigen wissen nunmehr, dass sowohl Rat als auch Parlament die Kommission auffordern können, Entwürfe für Verordnungen oder Richtlinien vorzulegen.
Die Schüler zeigten sich bestens vorbereitet und beeindruckten die Vortragenden durch starke Fragen. Wenn etwa ein Verfahren gegen einen Staat eingeleitet werde - wie jetzt gegen Österreich mit der Feinstaubproblematik in und um Graz - könne man dieses nicht abkürzen durch ein Schuldeingeständnis, wollte Mathes wissen. Und Josef hakte nach: Wie erfährt die EU überhaupt, dass in irgendeinem Land irgendetwas nicht stimmt. Florian befürchtete, dass nicht nur bei aktuellen Fällen Geld im Spiel wäre und Anna wollte wissen, wer die Personen seien, die die EU-Verträge unterschrieben hätten.
Heidi Zikulnig wies abschließend auf die Infostellen in den Bezirkshauptmannschaften und beim Grazer Burgtor hin und forderte auf, die "Europa-Hotline" 00800 6789 1011 oder 0316 877-2200 bei Unklarheiten zu nutzen.
Josef Bauer