Die EU hat das Glücksspiel im Visier
Brüssel achtet auf transparente Lizenzvergabe
Glücksspiele im Visier der EU
"Ein Lehrbeispiel, wie man ein Gesetz nicht macht"
Universitätsprofessor Günther Winkler, österreichischer Verfassungsexperte, hat nach mehr als einjähriger Arbeit eine Studie abgeschlossen, die diesen Herbst publiziert und auf der Frankfurter Buchmesse präsentiert wird. Vordergründig geht es dabei um „Poker und Pokerspielsalons in der Glücksspielgesetzgebung”. Tatsächlich sei das Werk eine „Analyse der Glücksspielgesetzgebung mit Anmerkungen aus verfassungsrechtlicher Sicht” und damit – wie es Winkler selbst nennt – „ein Lehrbuch, wie man ein Gesetz nicht verfassen sollte”. So versucht er zu belegen, dass das Glücksspielgesetz die „Grundrechte der gewerblichen Erwerbsfreiheit und der Freiheit des Eigentums, im Hinblick auf die Freiheit Jedermanns zur Geselligkeit im Spiel” verletzt.
Abgesehen von dieser grundsätzlichen Problematik führt Winkler auch den Nachweis, dass „beim traditionellen Poker die besondere Herausforderung der Spieler in einem rationalen Umgang mit den aus dem Zufall willkürlicher Mischung stammenden Karten in der Geschicklichkeit” liegt, was ihm zur Schlussfolgerung bringt,Poker sei „ein rechtlich erlaubtes Kartenspiel”.
Vorerst steht noch die Umgestaltung des Glücksspielmarktes in der Alpenrepublik an. Bisher erfolgte die Vergabe der insgesamt zwölf Spielbankenlizenzen und der einzigen Lotteriekonzession nicht öffentlich genug, kritisierten Mitbewerber. In Brüssel ist daher diesmal die EU-Kommission sehr aufmerksam, wie transparent und objektiv diese Lizenzen tatsächlich vergeben werden.
Lotterie-Lizenz könnte Fall für EuGH werden
Zur „Ausschreibung” gelangen eine Lotterie-Lizenz, die nicht nur Spielangebote umfasst wie das populäre Lotto „6 aus 45”, die Brieflose oder die nach wie vor beliebte Klassenlotterie, sondern auch den Betrieb von bis zu 5.000 Video-Lotterie-Terminals (VLTs). Die Ausdehnung um den Betrieb von VLTs ist nicht unumstritten, weil man darin eine Erweiterung des Monopols, eine Verzerrung der Wettbewerbssituation mit den herkömmlichen Spielautomatenbetreibern sieht. Die Frist für die Einreichung von Angeboten zur Lotterielizenz endete bereits am 1. August. Beworben haben sich neben den Österreichischen Lotterien (weitgehend ident in der Gesellschafterstruktur von „Casinos Austria”), noch drei weitere Interessenten.
Einer hat sich laut Euractiv, einem EU-Infodienst, bewusst nur für einen Teil der Lizenz beworben – im Wissen, dass er von der Vergabekommission abgelehnt werde und daher den Grund geliefert erhalte, zum EuGH zu gehen.
Tatsächlich rechnet man auch im Finanzministerium damit, dass es nach der Lizenzvergabe zu einer Reihe von Einsprüchen und Verfahren sowie damit verbundener Unsicherheiten kommen könnte.
Ungleichgewicht zwischen Wien und Bundesländern
Aktuell bewerben kann man sich derzeit für je drei Konzessionen so genannter Landesausspielungen, und zwar in den Bundesländern Niederösterreich (Abgabefrist 9. September) und Oberösterreich (Abgabefrist 15. September). Burgenland. Wien, Steiermark und Kärnten werden ab 2012 folgen. Diese neuen Konzessionen sind eine Folge des seit Jahresbeginn gültigen Glücksspielgesetzes, das im vergangenen Jahr nach einer mehr als zweijährigen Diskussion novelliert wurde und unter anderem einheitliche Richtlinien für das Automatenspiel schuf. Demnach kann jedes Bundesland bis zu drei Lizenzen für den Betrieb von Automatensalons bzw. für Einzelaufstellung - und das auf 15 Jahre - vergeben.
Die Zahl der Automaten orientiert sich an der Einwohnerzahl. In Wien darf pro 600 Einwohner ein Glücksspielautomat bewilligt werden. In den übrigen acht Bundesländern – sofern sie sich nicht wie Salzburg, Tirol und Vorarlberg vorerst noch abzuschotten versuchen – gibt es die Zulassung für einen Automaten pro 1.200 Einwohner. Gegner dieser Regelung sehen darin eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes. Mit der Beschränkung der Automatenzahl verbunden sind strenge Reglements und Auflagen bezüglich des Spielerschutzes. Zudem sollen – wie dies etwa in Italien der Fall ist – alle Automaten mit dem Bundesrechenzentrum, also der Finanzbehörde, vernetzt werden.
15 statt bisher 12 Spielbankenkonzessionen
Nun startete auch die Interessentensuche für 15 + 1 Spielbankenkonzessionen, die in verschiedenen Tranchen erfolgt. Darauf haben auch ausländische Interessenten gewartet. Das erste Paket umfasst sechs Standorte, die Landeshauptstädten zugeordnet werden. Das zweite Paket, das im Spätherbst an die Reihe kommt, enthält ebenfalls sechs Standorte, die außerhalb von Hauptstädten angesiedelt und weit weniger lukrativ sind. Dann folgen im nächsten Jahr drei Einzelkonzessionen, zwei für Standorte in Wien und eine für Niederösterreich. Die gleichfalls mit dem neuen Glücksspielgesetz geschaffene Konzession für einen Pokerspielsalon hingegen soll noch auf der Wartebank bleiben.
Bislang gab es in Österreich zwölf Casinos, darunter das einzige steirische in Graz, die alle von der Casinos-Austria-Gruppe betrieben wurden. Diese Zahl soll nun um drei weitere Spielstätten aufgestockt werden. Somit könnte es erstmals zu einem Wettbewerb zwischen mehreren Bewerbern kommen.
(Euractiv.de/Vytiska/JB)