EU-Tagesnews 08.07.2011
- Belgien steuert auf Neuwahlen zu
- Cameron kündigt Untersuchung zu Abhörskandal an
- Berlusconi will 2013 nicht mehr kandidieren
- Bulgarien als Steueroase für Griechen und Rumänen
- "Mehr als 50 Milliarden Euro im Jahr"
- Aktionsplan für Zusammenarbeit mit den Nachbarländern im Verkehrsbereich
- EU-Wahlreform verschoben: "Blamage für das Parlament"
- Finanzierungsbedarf der Rentenkassen hängt von der ökonomischen Abhängigkeitsquote ab
Belgien steuert auf Neuwahlen zu
Seit mehr als einem Jahr suchen Flamen und Wallonen nach einem Ausweg aus der Dauerkrise. Auch der neue Versuch von Elio di Rupo, Chef der Sozialisten aus dem französischsprachigen Landesteil, schlug fehl. Die flämischen Nationalisten der N-VA lehnten sein Reformpaket ab. Dabei war di Rupo seinem flämischen Rivalen Bart de Wever entgegengekommen. Die Regionen sollten größere finanzielle Autonomie erhalten. Außerdem schlug er vor, den umstrittenen Wahl- und Gerichtsbezirk Brüssel und Umland aufzuspalten. De Wever winkte trotz der Zugeständnisse ab. Er strebt eine Teilung des Landes an. Mit seiner Absage werden Neuwahlen im Herbst wahrscheinlicher, weil auch die flämischen Christdemokraten nur verhandeln wollen, wenn auch De Wever an den Gesprächen teilnimmt. An den Finanzmärkten wird die Lage in Belgien aufmerksam beobachtet.
=> ftd
Cameron kündigt Untersuchung zu Abhörskandal an
Der britische Premier Cameron hat am 8.7.2011 eine umfassende öffentliche Untersuchung zum Abhörskandal um das Boulevardblatt "News of the World" angekündigt. Die Leitung soll ein Richter übernehmen. Weil das bisherige System der Presseaufsicht versagt habe, müsse ein neues geschafften werden, erklärte er. Zugleich gestand er schwere Fehler im Umgang mit der Affäre ein. Die Zeitung "News of the World" soll am Sonntag nach 168 Jahren zum letzten Mal erscheinen. In dem Skandal steht Cameron unter Druck, weil er den früheren Chefredakteur der Zeitung, Andy Coulson, zu seinem Kommunikationschef berufen hatte. Dieser trat erst im Jänner angesichts des öffentlichen Drucks durch die Ermittlungen über die Abhöraffäre von diesem Amt zurück. Cameron sagte, die Entscheidung, Coulson als seinen Kommunikationschef einzustellen, sei ein Fehler gewesen.
=> apa
Berlusconi will 2013 nicht mehr kandidieren
Italiens Ministerpräsident Silvio Berlusconi will bei der nächsten Wahl nicht mehr antreten. Auf die Frage, ob er 2013 zur Verfügung stehe, sagte Berlusconi am 8.7.2011 in einem Interview der Zeitung „La Repubblica": „Ganz klar, nein. Der Kandidat für den Posten des Ministerpräsidenten wird Alfano sein." Justizminister Angelino Alfano wurde Anfang Juli zum neuen Chef von Berlusconis Partei Popolo della Liberta gewählt. Berlusconi zeigte auch kein Interesse an der Präsidentschaft des Landes. „Das ist nichts für mich. Gianni Letta wird das machen. Er ist am besten dafür geeignet." Letta ist der Stabschef von Berlusconi. Der italienische Regierungschef hat bereits laut über einen Rückzug nachgedacht. Der 74-Jährige musste zuletzt politische Niederlagen einstecken.
=> orf
Bulgarien als Steueroase für Griechen und Rumänen
Mehr als 272 rumänische Unternehmen und 2.072 griechische Unternehmen haben ihren Hauptsitz nach Bulgarien verlegt. Bulgariens niedriger Körperschaftssteuersatz von 10 Prozent hat diesen Abwanderungstrend gefördert. In Rumänien müssen Unternehmen derzeit 16 Prozent Unternehmenssteuer abführen. Die Körperschaftssteuer in Griechenland liegt derzeit bei 25 Prozent. Die EK bemüht sich um eine teilharmonisierte Unternehmensbesteuerung und hat vorgeschlagen, die Bemessungsgrundlage bei der Körperschaftssteuer für grenzüberschreitend tätige Unternehmen zu vereinheitlichen. Sie erhofft sich davon grenzüberschreitendes Wachstum, warnt aber zugleich vor Steuerausfällen in den Mitgliedsstaaten. Die nationalen Steuersätze sollten daher nicht angetastet werden. Doch genau das befürchten einige Länder. Frankreich, Deutschland und Italien fordern ein Ende des Steuerdumpings und sprechen sich für europaweite Mindeststeuersätze aus.
=> euractiv
"Mehr als 50 Milliarden Euro im Jahr"
Im Herbst wird die EK Pläne für eine Finanztransaktionssteuer vorlegen - gegen den Widerstand der Finanzindustrie. Deutschland ist zwar die treibende Kraft hinter dem Projekt, sogar in Großbritannien gibt es Sympathie für die Steuer auf Finanzgeschäfte - zumindest, wenn man die Bevölkerung fragt. EU-Steuerkommissar Algirdas Semeta erläutert den Stand der Pläne am 7.7.2011 in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Sollten Währungsgeschäfte miteinbezogen werden, könnte eine EU-weite Steuer mehr als 50 Milliarden Euro im Jahr einbringen. Die Sozialdemokraten im EP rechnen mit Einnahmen von jährlich bis zu 200 Milliarden Euro . Die EK sieht in der Steuer eine mögliche Einnahmequelle für den künftigen EU-Haushalt ab 2014. "Wenn wir den EU-Haushalt künftig aus der Finanztransaktionssteuer finanzieren, reduziert sich der nationale Beitrag zum EU-Budget", sagt Semeta.
=> faz
EK stellt neuen Aktionsplan für Zusammenarbeit mit den Nachbarländern im Verkehrsbereich vor
Die EK hat am 7.7.2011 einen neuen Aktionsplan für die Zusammenarbeit mit den Nachbarländern im Verkehrsbereich vorgestellt, um die Verkehrsverbindungen mit den Nachbarregionen im Osten und Süden der EU auszubauen. In diesem Plan werden mehr als 20 kurz- und längerfristige konkrete Maßnahmen für reibungslosere, sicherere und zuverlässigere Verkehrsverbindungen vorgeschlagen. Gleichzeitig wird die Marktintegration gestärkt, was sowohl für die EU als auch für die Nachbarregionen von Vorteil ist. Die Zusammenarbeit mit den Nachbarregionen der EU im Verkehrsbereich erfolgte bislang im Rahmen bilateraler und regionaler Initiativen - es gibt beispielsweise bereits eine regionale Verkehrsinitiative für die Nachbarn im Süden. Dieser neue Aktionsplan baut auf den bisher erzielten Ergebnissen auf und soll insbesondere die Verbindungen mit dem Osten stärken und die regionale Verkehrszusammenarbeit in einem einzigen Konzept bündeln.
=> rapid
EU-Wahlreform verschoben: "Blamage für das Parlament"
Die Abstimmung über eine geplante Reform des EU-Wahlsystems ist erneut verschoben worden. Einige Abgeordnete feiern die Notbremse als Erfolg, die Grünen sprechen von einer Blamage für das Parlament und einen Rückschlag für Europa. Der britische Europaabgeordnete Andrew Duff hatte sich in seinem Reformvorschlag unter anderem dafür eingesetzt, dass das EU-Parlament um 25 Abgeordnete aufgestockt wird. Die Kandidaten für diese zusätzlichen Abgeordnetensitze sollten von den Europäischen Parteien nominiert werden und EU-weit um Stimmen werben. Es seien zusätzliche Abgeordnete sinnvoll, da die Arbeitsbelastung des Parlaments mit dem Vertrag von Lissabon zugenommen habe. Außerdem sollten die Europawahlen europäisiert und zu personalisiert werden.
=> euractiv
Finanzierungsbedarf der Rentenkassen hängt von der ökonomischen Abhängigkeitsquote ab
Die Bevölkerungsalterung in Europa kann am effektivsten dadurch aufgefangen werden, wenn alle Beschäftigungspotenziale weitestgehend ausgeschöpft werden, sagte Vorsitzende Leila Kurk, Vorsitzende der Fachgruppe Sozialfragen des EWSA, bei einer Sitzung der Arbeits- und Sozialminister am 7.7.2011. Die Erwerbsquoten älterer Menschen können nicht einfach durch Eingriffe in die Altersversorgungssysteme oder die Anhebung des gesetzlichen Renteneintrittalters erhöht werden. Tatsächlich wird der künftige Finanzierungsbedarf der Rentensysteme nicht durch die demografischen Relationen bestimmt. Ausschlaggebend ist die Entwicklung der wirtschaftlichen Abhängigkeitsquote, also die Relation von Leistungsbezieher zu aktiv Beschäftigten.
=> rapid